pmp Projekt GmbH    pmp Architekten

Spritzenplatz, Eckbebauung

Fertigstellung:2018
Leistungsumfang:Wettbewerb

1 Städtebauliches Konzept

Das städtebauliche Konzept zielt auf die Bewahrung der ortsbildprägenden und historisch gewachsenen Eigenschaften des Bestandes:
Straßenseitig konsequente Aufnahme der vorhandenen Baugrenzen, auch der leicht abknickenden Bauflucht zwischen Fon-Friseur und Telekomladen, letztere hat für die Wirkung des Straßenraumes eine nicht unwichtige Bedeutung: die Ottenser Hauptstraße weitet sich hier zum Ottenser Kreuz.

Hofseitig Ausnutzung der vorgegebenen Baugrenzen, aber: Öffnung des Hofes zum Spritzenplatz durch breiten Zugang im Erdgeschoss. Es entsteht ein neuer halböffentlicher Innenhof für die Bewohner und Ladennutzer. Der Außengastronomiebereich von Café Venezia bleibt als öffentlicher Raum mit Erschließung durch das Café erhalten.
Die Parzellenstruktur wird erhalten: es entstehen drei neue Gebäude unterschiedlicher Höhe und Gestaltung, das Gebäude des Fon-Friseurs bleibt unangetastet. Die vertikale Erschließung der drei Neubauten erfolgt aus flächenökonomischen Gründen über ein gemeinsames Treppenhaus.
Beim Eckgebäude wird die Geschossigkeit des Bestandes vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wieder aufgenommen (drei Vollgeschosse plus Dachgeschoss). Das Gebäude hat städtebaulich eine wichtige Funktion als Raumkante des Ottenser Kreuzes. Es stärkt den Platz, was nach unserer Überzeugung in der Abwägung mit der geringfügigen Verschlechterung der Belichtungssituation eine größere Bedeutung hat.


2 Architektonisches Konzept

Fassaden
Die Fassaden nehmen charakteristische Elemente der historistischen Bebauung der Umgebung auf und übersetzen sie in eine zeitgemäße, gleichwohl zurückhaltende Formensprache. Nicht der Kontrast „Alt gegen Modern“ ist hier die angemessene Lösung, sondern vielmehr die vorsichtige Stadtreparatur:
Betonung der Sockelzone durch ein schlichtes, unprofiliertes Geschossgesims und feine horizontale Putzrillen
Die Obergeschosse erhalten Lochfassaden, die straßenseitigen, nicht bodentiefen Fenster werden mit schrägen Leibungen versehen, als Andeutung der historistischen Putzfaschen und Fensterverdachungen der Nachbargebäude. Die Trauflinie wird durch ein schlichtes Traufgesims leicht hervorgehoben, die Gebäudeecken werden durch Ecklisenen betont.
An den hofseitigen Fassaden finden sich nur noch Andeutungen historistischer Analogien (Betonung der Sockelzone), insgesamt sind die Fassaden „moderner“ gestaltet, auch sind hier bodentiefe Fenster vorgesehen. Die unterschiedliche Behandlung der straßenseitigen und hofseitigen Fassaden findet sich auch bei der Gebäudeschicht des ausgehenden 19. Jahrhundert wieder: die Hoffassaden dieser Generation sind in aller Regel sehr schlicht gehalten, Bauschmuck findet sich nicht.
Große Bedeutung kommt der Oberflächenmaterialität der schlichten Fassaden zu. Vorgeschlagen wird ein Verputz mit Traßkalkmörtel und ein Kalkanstrich, da diese Baustoffe eine strukturreiche, lebendige Oberfläche erzeugen.
Grundrisse
Die Grundrissstruktur entspricht der Parzellenstruktur. Gebäudekubaturen und Fassadengestaltung resultieren somit aus der funktionalen Aufgliederung in vier Nutzungseinheiten pro Geschoss und sind nicht lediglich Kulisse, die Kleinteiligkeit vorgaukelt.
Die vertikale Erschließung der Gewerbe- wie der Wohneinheiten erfolgt über ein zentrales Treppenhaus mit Aufzug, wodurch eine optimale Ausnutzung der Flächenkapazitäten und Barrierefreiheit gewährleistet wird. Lediglich das Gebäude des Fon-Friseurs und das Keller- und Erdgeschoss von Eiscafé Venezia haben bzw. erhalten interne vertikale Erschließungen.
Die Eingänge der Ladengeschäfte im Erdgeschoss befinden sich straßenseitig, die Zugänge zu den Wohnungen dagegen hofseitig über das Treppenhaus. Die Privatsphäre der Bewohner bleibt also in ausreichendem Maße gewahrt, Konflikte zwischen den Gewerbeeinheiten im Obergeschoss (hier eher wenig Kundenverkehr) und den Wohnnutzungen sind nicht zu erwarten.
In der vorliegenden Planung werden auch die im Kellergeschoss vorgesehenen Lagerräume der Gewerbeeinheiten über das zentrale Treppenhaus erreicht. Inwieweit dies funktional sinnvoll und ohne Konflikte mit den Wohnnutzungen möglich ist, ist abhängig von der bislang nicht bekannten Art der gewerblichen Nutzung. Sofern erforderlich, wäre der Einbau von internen Treppen zwischen Kellergeschoss und Erdgeschoss realisierbar, würde aber einen Verlust an Ladennutzfläche bedeuten.
Auf die Darstellung einer Binnengliederung der Gewerbeeinheiten im Erd- und Obergeschoss wurde verzichtet, da dies nutzerabhängig und flexibel gestaltbar ist. Es werden lediglich Personal-WC und Teeküchen vorgesehen. Ähnliches gilt für die Wohnungsgrundrisse, die der Plausibilisierung der Wohnnutzung dienen und bedarfsabhängig umgestaltet werden können.
Infrastruktur
Die Technische Gebäudeausrüstung (insbesondere Elektro- und Wärmeversorgung) wird für alle Nutzungseinheiten zentralisiert, im Kellergeschoss sind entsprechende Flächen vorgesehen. Die Müllentsorgung erfolgt für Gewerbe und Wohneinheiten gemeinsam über eine zentrale Mülleinheit im Innenhof.


3 Leitgedanke

Respekt gegenüber dem Bestand, vorsichtige Reparatur, qualitätvolle, aber zurückhaltende Ergänzung, „(…) man möchte sagen: das Einfache ist nicht immer das Beste; aber das Beste ist immer einfach (…)“ (Heinrich Tessenow: Hausbau und dergleichen, Stuttgart 1953, S. 34).